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Ein Segen für das Gutshaus - Lausitzer Rundschau vom 16.04.2005

Junger Investor aus Österreich mit langem Atem / Nach Fassaden-Rekonstruktion kommt Dach an die Reihe

Als Gutsherren residieren sie ziemlich bescheiden. Direkt unter dem Dach des knapp 300 Jahre alten Schwarzbacher Gutshofes haben sich die beiden Brüder Martin und Gregor Giersch aus Wien häuslich eingerichtet. Im ehemaligen Gesindetrakt. Ihrem Traum sind sie damit nicht nur räumlich ein ganzes Stück näher gekommen: Den alten barocken Herrschaftssitz möglichst originalgetreu zu sanieren.

Ein Segen für das Gutshaus

Foto: Steffen Rasche
Gutshaus-Besitzer Martin Giersch (l.) mit seinem Bruder Gregor vor der neu verputzten Fassade des Schwarzbacher Herrensitzes.

Die Gerüste sind am Donnerstag gefallen. Sie geben den Blick frei auf die neue Fassade des alten herrschaftlichen Sitzes. Die Schwarzbacher können sich kaum satt sehen. Bürgermeisterin Gabi Theiss schwebt auf Wolke sieben. Erstmals können die Dorfbewohner erahnen, was für eine Perle sie im Ort haben. Die 42 neuen Kastenfenster geben dem Gutshaus das historische Gesicht wieder. "Alles Spezialanfertigungen nach historischen Fotografien", so Udo Herrmann, der Tischlermeister aus Schwarzbach. Einen Teil der Fenster hat er selbst eingebaut. Ende des Jahres kommt das Dach an die Reihe. Es wird mit Biberschwänzen eingedeckt. Danach bekommt die Fassade ihre endgültige Farbe: einen warmen, sandigen Gelbton.
Die Geschichte des Gutshauses beginnt im Jahr 1727. Es war der herrschaftliche Sitz derer von Gersdorff, später von der Familie der Grafen von Hoym und schließlich des Prinzen von Schönburg-Waldenburg. Nach dem Krieg zogen 1945 Umsiedler ein.
Aus Landes- und Gemeindemitteln flossen nach der Wende 100 000 Euro ins alte Gemäuer. Haben wollte es dennoch niemand. "Ende der 90er-Jahre war uns als Gemeinde klar, dass wir den Herrensitz niemals halten können", so Gabi Theiss. Das Gutshaus wurde zum Verkauf ausgeschrieben. Auch im Internet.
Martin Giersch aus Wien wurde darauf aufmerksam. Nicht zufällig. Er suchte schon immer nach einem alten Gebäude, das er vor dem Verfall retten kann. Mit seiner Lebensgefährtin Vera Ilauski und seinem Bruder Gregor stürzte er sich in das Abenteuer seines Lebens. Im Frühjahr 2002 kauften sie den historischen Landsitz von der Gemeinde und legten los. Für den 29-jährigen Physiker, der als Berater der Stadt Wien in Fragen der nuklearen Sicherheit tätig ist, hat sich seitdem ein Kindheitstraum erfüllt. Wenigstens einmal im Monat setzt er sich in sein Auto und düst über Prag ins verträumte Schwarzbach. 500 lange Kilometer. Meist voll beladen mit Bürokram, Proviant und Werkzeug. Und den Kopf voller Pläne. Schritt für Schritt ackert er sich durch die verstaubten Herrschaftszimmer. Nach gut zweieinhalb Jahren hat der neue Gutsherr schon einiges geschafft: Planung, denkmalpflegerisches Konzept, Riss-Sanierung, Entrümpelung, Anschluss ans Stromnetz, Fassaden-Sanierung. Der hohe Investitionsbedarf kann nicht auf Anhieb gedeckt werden. Die Aufnahme Schwarzbachs ins Dorferneuerungsprogramm ist deshalb auch für Martin Giersch ein wahrer Segen. Für die Sanierung der Fassade flossen 20 000 Euro aus der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und 21 000 Euro aus dem EU-Dorferneuerungsprogramm.
Neben dem Geld ist ein langer Atem so ziemlich das Wichtigste, was Gutsbesitzer Martin Giersch braucht. Möglichst viel will er historisch erhalten. Die Türen werden deshalb aufgearbeitet, nicht einfach ausgetauscht. Für die künftige Nutzung des sanierten Gutshauses wurde in Wien bereits ein Trägerverein gegründet. Wissenschaftliche Veranstaltungen zur Risiko- und Konfliktforschung sowie zu Energiefragen sollen schon in zwei, drei Jahren im Schwarzbacher Gutshaus stattfinden und Wissenschaftler aus der ganzen Welt anziehen. Neben dem Schwerpunkt der internationalen Gespräche kann sich Martin Giersch auch Liederabende und Hochzeiten in seinem historischen Gemäuer gut vorstellen. Auf jeden Fall, da sind sich Gutsherr und Bürgermeisterin einig, soll der Herrschaftssitz ein Ort der Begegnung im Dorf werden.
Zum Leben erweckt wird dann vielleicht auch die Schnapsbrennerei hinterm Gutshaus. Martin Giersch prüft, ob die alten Braurechte noch vorhanden sind. Echter Birnenschnaps aus Schwarzbach - das wär's doch. Für den jungen Mann aus Wien ist das Abenteuer Gutshaus d i e Herausforderung seines Lebens: "Ich versuche sie anzunehmen. Realistisch wird man noch früh genug!"

Von Andrea Budich

Letzte Änderung: 19.04.2005