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Mit Flickzeug hinterm Zapfhahn
Lausitzer Rundschau vom 20.05.2004
Männertag ist für Gastwirt Axel Müller Stress pur
Seinen eigenen Drahtesel hat er
seit 22 Jahren zum Männertag nicht mehr flott gemacht. "Keine Zeit" ,
winkt Gastwirt Axel Müller ab. Am Himmelfahrtstag herrscht auf seinem
Anwesen der blanke Ausnahmezustand. Hunderte Stahlrösser türmen sich zu
Spitzenzeiten vor der Tür. Drinnen passt kaum ein Bierdeckel zwischen
die Stühle. Aber das bringt erst die richtige Stimmung, für die "Axels
Gasthof" bis weit ins Sächsische bekannt ist.
Die letzte Bierlieferung vor dem
Männertags-Ansturm hat Wirt Axel Müller gestern Vormittag in den Keller
gehievt. Er ist bis unter die Decke voll gepfropft. Wenn der Saal mit
mehr als 100 Stühlen, die Gaststube und der Biergarten ab Mittag
überquellen, hat der 61-Jährige mit seinen Töchtern und Söhnen,
Schwiegerkindern und Enkeln Großkampftag.
Foto: Steffen Rasche
Am Männertag lässt es der 61-Jährige so richtig krachen. Und das seit
1982. Damals führte der frisch gebackene Wirt die Tradition ein: Zu
Himmelfahrt wird geschlachtet. Einige Schweine mussten auch am Montag
wieder unters Messer. Wie viele genau, das verrät er nicht.
"Geschäftsgeheimnis!" Damit die hunderten Schlachteplatten heute
ratzfatz auf die Tische kommen und niemand lange warten muss, stehen
alle Müllers seit Tagen im Männertags-Stress. Gestern Abend waren
bergeweise Brote schon geschnitten. "Das hält sonst morgen den ganzen
Betrieb auf" , sagt Tochter Anne, die ansonsten den Bürokram schmeißt.
Gebacken ist auch schon der Blechkuchen – mit Äpfeln, Pflaumen und
Kirschen belegt. Im Keller stapeln sich die Bierfässer. "Axels Gasthof"
ist gerüstet.
Ausschlafen am Feiertag – das kann Axel Müller vergessen. Um 6 Uhr muss
er spätestens aus den Federn. Alle anderen Müllers auch. Der Chef
persönlich holt noch einige Birken, um den Saal und den Eingang zu
schmücken. Die Frauen drin schneiden das Wellfleisch auf und drehen den
Hackepeter frisch durch. Erlebt hat Axel Müller am Männertag schon die
tollsten Geschichten. Verwechselte Räder, radelnde Gesangsvereine und
fahrendes Theatervolk . . . Luftpumpe und Flickzeug liegen beim Wirt
gleich neben dem Zapfhahn. Immer griffbereit. Aus der Patsche wird bei
"Axels" jedem Männertags-Ritter geholfen. Notfalls auch mit einem
Leih-Drahtesel. Um 8 Uhr beginnt heute die Schicht. Geschlossen wird,
wenn sich der Letzte aufs Rad schwingt.
Zum Thema. Damit das Bier rutscht
Eine große Schlachteplatte gibt es in "Axels Gasthof" heute schon für
4,85 Euro. Wellfleisch, Grützwurst, Blutwurst, Hackepeter und
Leberwurst gehören dazu.
Von Andrea Budich
Letzte Änderung: 24.05.2004
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